Nachreportage zum Besuch von Kamil Samaan
Prof. Dr. Kamil Samaan reist auf Einladung von «Kirche in Not (ACN)» gegenwärtig durch die Schweiz, um über die Lage der ChristInnen in Ägypten zu informieren. Am 11.03.2024 hat er das Kloster Leiden Christin in Jakobsbad AI besucht, um gemeinsam die Messe zu feiern und aus seiner Heimat zu berichten. Für einen Montagabend war die Messe sehr gut besucht. Aus dem ganzen Kanton kamen, um Kamil Samaan zu hören, der von den Schwestern gastfreundlich aufgenommen wurde.
Samaan: Ein Leben als Teil der komplexen christlichen Kultur in Ägypten
Bereits mit 12 Jahren begann Kamil Samaan seine Ausbildung im Priesterseminar der Franziskaner in seiner Heimatstadt Assiut. Nach seinem Militärdienst in den Siebzigerjahren in der Nähe von Suez, wurde er 1978 zum Priester geweiht. Er arbeitete einige Jahre als Seelsorger in Ägypten, bevor ihn weitere Studien und sein Doktorat nach Rom führten. Wieder in seine Heimat zurückgekehrt, leitet Kamil Samaan nun ein Kinderheim in Kairo und ist Professor für das Alte Testament. Er gehört zur koptisch-katholischen Kirche, die der koptisch-orthodoxen in Liturgie und Spiritualität gleicht, jedoch in voller Gemeinschaft mit Rom steht. Die ChristInnen machen nur etwa 10 % der Bevölkerung Ägyptens aus. Kamil Samaan erklärt jedoch, dass diese kleine Minderheit eine Art Mikrokosmos des weltweiten Christentums darstellt. Alle grossen Konfessionen und Riten der Christenheit sind in dieser kleinen Minderheit präsent. Trotz ihrer geringen Zahl und der erlebten Marginalisierung sind ChristInnen in Erziehung, Gesundheit und Entwicklungshilfe in Ägypten stark präsent. Allein die Katholiken, die nicht mehr als 300`000 ausmachen, betreuen in Ägypten 182 Schulen. Diese Projekte sind immer für alle Religionen zugänglich und meistens umsonst. Dadurch sind die ChristInnen jedoch auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Kamil Samaan nutzt die Gelegenheit, um den Menschen in der Schweiz und dem Hilfswerk «Kirche in Not (ACN)» zu danken.
ChristInnen in Ägypten: Bürger zweiter Klasse
Das Land am Nil hat eine lange und bewegte Geschichte, zu der seit fast 2000 Jahren auch das Christentum gehört. Seit dem 7. Jahrhundert leben die ChristInnen als kleine Minderheit unter den MuslimInnen. Doch bis heute werden ChristInnen als BürgerInnen zweiter Klasse behandelt. In den Medien werden alle Nichtmuslime als „Kuffar“ (Ungläubige) bezeichnet. Und in der Politik sind wichtige strategische Schlüsselpositionen vorwiegend MuslimInnen vorbehalten. Diese Marginalisierung hat in den letzten Jahrzehnten nur noch zugenommen. Viele Ägypter emigrierten in den 1980er- und den 1990er-Jahren als Arbeitssuchende in das erdölreiche Saudi-Arabien, wo sie mit dem islamisch-wahabitischem Gedankengut in Kontakt kamen und es nach Ägypten brachten. Ägyptische Christen werden seither in der Gesellschaft verstärkt ausgegrenzt.
Gewalt und Schikane
Es kommt in Ägypten immer wieder zu Übergriffen und Anschlägen auf ChristInnen. Kinder werden ausgegrenzt, Frauen auf der Strasse belästigt und immer wieder werden ChristInnen durch extremistische muslimische Mobs wegen angeblich gotteslästerlichem Verhalten vertrieben. MuslimInnen, die zum Christentum konvertieren, erfahren dabei die schlimmste Verfolgung. Besonders schlimm war die Situation zwischen Sommer 2012 und Sommer 2013, als die Muslimbrüder mit Präsident Mohammed Mursi an der Macht waren. Seit der Präsidentschaft von Abd al-Fattah As-Sisi sieht es für die ChristInnen wieder besser aus, so dürfen beispielsweise wieder Kirchen gebaut werden. Doch auch unter As-Sisi gehen die Anschläge, besonders in ländlichen Regionen, weiter.